Mangelnde Übereinstimmung zwischen einem Unternehmen und den Personen, die dort arbeiten, kostet die Firmen im Durchschnitt 60% der Jahresgehälter von Angestellten, die den Arbeitsplatz kündigen, um einen neuen zu suchen, der besser zu ihnen passt.
Es ist also klar, dass der Knackpunkt einer guten Recruiting-Strategie darin besteht, bei der Einstellung auf eine möglichst große Übereinstimmung der Werte und Kultur von Kandidat:in und Unternehmen zu achten. Vor allem, wenn man auf langfristige Ergebnisse abzielt.
Das sieht auf dem Papier ganz einfach aus, fast banal. Doch in der Realität macht man sich oft nicht klar, dass das Unternehmen wirklich verinnerlicht und artikuliert haben muss, worin die Unternehmenskultur besteht. Was nichts weniger ist als die Summe der Werte, Ziele und Praktiken, die die Identität der Firma ausmachen. Nur dann kann es gelingen, Personen zu finden und auszuwählen, die die Vision des Unternehmens teilen.
Schauen wir also zunächst, wie wir eine geeignete Ausstattung zusammenstellen, die zum Kompass werden kann, an dem sich die Such- und Einstellungsprozesse orientieren, um Menschen zu finden, die wirklich zum Unternehmen passen.
Cultural Fit bedeutet, dass die Personen mit den Werten, Verhaltensmustern und Einstellungen übereinstimmen, die die Seele des Unternehmens bilden; oder zumindest bereit und auch in der Lage dazu sind, sich an diese anzupassen.
Schon 2005 hat ein Bericht gezeigt, wie stark eine Übereinstimmung sich positiv auf die individuelle Zufriedenheit auswirkt und so eine bessere berufliche Performance garantiert. Diese Daten wurden in einer 2019 von Glassdor durchgeführten Studie bestätigt, die ergab, dass 77% der Teilnehmer:innen es für unabdingbar hielten, sich über die von einer Firma kommunizierten Werte zu informieren, noch bevor sie eine Bewerbung einreichten; 73% bekräftigten, nicht von einer Firma eingestellt werden zu wollen, die nicht in der Lage ist, die eigene Unternehmenskultur und die eigenen Werte zu reflektieren. Diese Ergebnisse legen neben anderen Dingen nahe, dass Kandidat:innen in der Lage sind, selbst zu analysieren, ob sie zur Kultur und zu den Werten der Firma passen, noch bevor es vom Unternehmen selbst geprüft wird. Man kann also festhalten, dass ein gewisses, durchaus beachtenswertes Maß an natürlicher Auslese stattfindet.
Beginnen wir also mit dem ersten, unerlässlichen Schritt: Um bei Einstellungen den Cultural Fit berücksichtigen zu können, muss man zunächst die eigene Unternehmenskultur genau definieren und sie dann verbreiten sowie auch bei den eigenen Mitarbeiter:innen kommunizieren.
Das ist keine einmalige Aktion, sondern ein Prozess in mehreren Abschnitten. Die Unternehmenskultur zu definieren, erschöpft sich eben nicht darin, Brainstormings durchzuführen und sich über Prioritäten auszutauschen, sondern bezieht die gesamte Unternehmenshierarchie mit ein. Der Weg sollte zu einem wirklichen Bewusstsein führen.
Um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen, das insbesondere sowohl die internen Bedürfnisse berücksichtigt als auch das, was „außerhalb“ passiert, nehmen Unternehmen häufig die Beratung durch einen externen Profi in Anspruch. Dieser hat die passenden Kompetenzen, um tiefgreifend zu analysieren, was ein Unternehmen ist; immer mit dem Blick darauf, was es werden könnte (sollte).
Selbstverständlich gibt es ein paar Tricks und Aktivitäten, um eine Unternehmenskultur zu schaffen, die man mit den Angestellten teilt und bei denjenigen propagiert, die später ins Unternehmen kommen werden. Es gibt keine Zauberformel, nicht einmal ein Geheimrezept, oder – falls doch – befinden sie sich in den Händen der jeweiligen Unternehmen, die die Zutaten dann genau in den Mengen mischen, die am besten zu ihnen passen.
Im Folgenden betrachten wir drei Schlüsselkriterien, die zwar offensichtlich erscheinen mögen, allerdings häufig vernachlässigt werden, und doch das Fundament bilden für den Bau eines tragfähigen Wertesystems im Unternehmen:
Nachdem wir nun festgelegt haben, worin die Unternehmenskultur besteht, gehen wir zum nächsten Punkt über.
Dieser Schritt besteht nun genau darin, diejenigen, die mit dem Recruiting befasst sind, zu befähigen, in den Kandidat:innen und potenziellen Talenten die Eigenschaften zu erkennen, die zur Unternehmenskultur passen.
Räumen wir aber erst noch mögliche Missverständnisse aus dem Weg: Per Cultural Fit einzustellen, bedeutet nicht, nur Personen zu suchen und ins Unternehmen zu integrieren, die einander gleichen wie ein Ei dem anderen. Im Gegenteil. Ein so verstandener Cultural Fit würde der Idee genau entgegenstehen, die dieses Einstellungskriterium jedoch zu einem absolut zeitgemäßen und angemessenen Ansatz macht (wie wir im Folgenden noch sehen werden), nämlich einer Inklusion von Diversität.
Werte und Verhaltensweisen können von Personen, die in verschiedenen Bereichen tätig sind, durchaus unterschiedlich interpretiert werden. Aber auch von Personen, die zwar dieselben Zuständigkeiten haben, jedoch unterschiedliche Herangehensweisen und Sichtweisen pflegen, unterschiedliche Instrumente einsetzen.
Folglich ist es also notwendig, eine Recruiting- und Einstellungsstrategie zu gestalten, die sich insbesondere der grundlegenden Merkmale des Einstellenden bewusst ist (also des Unternehmens selbst) und dann auch sicherstellt, dass diese Merkmale von den Kandidat:innen und damit zukünftigen Angestellten gut aufgenommen und geteilt werden.
Zudem darf man nicht vergessen, dass der Cultural Fit eine entscheidende Rolle bei der Mitarbeiterbindung spielt. Personen, die sich in Harmonie mit dem Unternehmen fühlen, dessen Visionen und Werte teilen, tendieren eher dazu, auf Stabilität zu setzen und bleiben zu wollen und nicht nach anderen Möglichkeiten zu suchen.
Hier folgen nun fünf Tipps – keine erschöpfende Liste – um einen Recruiting- und Einstellungsprozess zu gestalten, der auch den Cultural Fit des Kandidaten oder der Kandidatin berücksichtigt:
Wiederholung hilft, daher: Man kann nicht per Cultural Fit einstellen, wenn man zuvor die eigene Unternehmenskultur nicht gut definiert hat. Ein kleiner Trick, den Berater:innen häufig anwenden, um zu verstehen, welcher Grad an Bewusstsein in dieser Hinsicht im Unternehmen herrscht, besteht in der Frage, welches die zentralen Verhaltensmuster sind, die den Erfolg der Firma ausmachen. Diese Liste wird dann – mehr oder weniger – einfach auf die täglich notwendigen Tätigkeiten übertragen, damit das Business wie gewünscht funktioniert.
Die Unternehmenskultur muss nicht nur intern klar definiert sein, sondern sie muss auch nach außen (mit)geteilt werden, vor allem mit den Personen, die – möglicherweise – an einem Einstieg ins Unternehmen interessiert sind.
Aus diesem Grund müssen alle Kommunikationsmaterialien – und vor allem diejenigen, die sich an die Kandidat:innen und zukünftigen neuen Talente richten – die Werte und die Kernbotschaften klar transportieren, um den „mood“ der Unternehmenskultur zu vermitteln.
Die Stellenausschreibungen müssen deshalb neben den Minimalanforderungen hinsichtlich der Kompetenzen auch Hinweise auf Eigenschaften eines Kandidaten oder einer Kandidatin enthalten, mit denen er oder sie sich wirklich auf einer Linie mit der Unternehmenskultur befindet.
Das richtige Verständnis und die korrekte Auslegung der im Unternehmen gepflegten Kultur und der dort gelebten Werte ist vor allem bei denjenigen wichtig, die im Bereich Recruiting und Neueinstellung tätig sind. Denn es reicht nicht aus, die Kandidat:innen danach zu fragen, ob sie der Meinung sind zum Wertesystem der Firma zu passen. Die Antwort könnte irreführend und nicht ganz wahrheitsgemäß sein, und zwar nicht aus böser Absicht, sondern vielleicht einfach aus mangelndem Bewusstsein.
Aus diesem Grund müssen die Personen, die mit der Auswahl befasst sind, angemessen vorbereitet sein, um auf ehrliche und effektive Weise über die Aspekte zu sprechen, die gemeinhin in den Bereich Kultur gehören: Das Unternehmen muss sich wirklich so präsentieren, wie es ist (oft dienen besonders „glamouröse“ Erzählungen nur dazu, den Kandidat:innen Sand in die Augen zu streuen, und werden dann sehr häufig zu einem Bumerang für das Unternehmen). Die Kandidat:innen wiederum müssen in der Lage sein, diese Aspekte aufzunehmen und rasch mit dem „eigenen System“ abzugleichen, um korrekt beurteilen zu können, ob der eigene Wertebackground tatsächlich dazu passt.
Eine weiterer Ansatz empfiehlt, die Kandidat:innen in Echtzeit mit der Unternehmenskultur zu konfrontieren, indem man sie die Firma und/oder das Team, in dem sie arbeiten werden, schon während der Auswahlphase kennenlernen lässt: Ein empirischer Ansatz, der versucht, Menschen und Unternehmen zusammenzubringen, damit erstere erkennen können, welche Atmosphäre in letzterem herrscht und welches im Großen und Ganzen die Mechanismen sind – vor allem die zwischenmenschlichen.
Wenn man per Cultural Fit einstellen will, muss man auch die Faktoren Diversität, Unparteilichkeit und Inklusion berücksichtigen. Eine Unternehmenskultur zu gestalten, die Diversität und Inklusion in den Büros von Anfang an fördert, ist sowohl für die Firma als auch für die einzelnen Menschen, die dort arbeiten, gewinnbringend.
Wenn man Cultural Fit also – fälschlicherweise – in die Suche nach Menschen übersetzt, die sich allzu sehr gleichen, riskiert man, dass nicht sichergestellt werden kann, dass das Unternehmen heterogen genug ist, und so die Gefahr besteht, dass es wenig kreativ und produktiv ist.
Was wir in diesem Beitrag darzustellen versucht haben, zeigt, wie treffend die gewählte Überschrift ist: Per Cultural Fit einstellen ist einfacher gesagt als getan. Und ganz besonders trifft das zu, wenn die Firma keine tragfähige und unterstützende Unternehmenskultur hat, sondern ein eher unklares Wertesystem.
Wenn man die Unternehmenskultur definiert hat (noch einmal: Das ist eine grundsätzliche Voraussetzung für den Cultural Fit), kann man zum Einstellungsprozess übergehen und dabei berücksichtigen, ob und inwiefern Kandidat:innen zu diesem Wertesystem passen: